von Anja Grabs
Die Rebellen rufen „Allahu Akbar!“ (Gott ist groß!) nachdem
die Panzerabwehrrakete ihr Ziel getroffen hat. Dabei handelt es sich nicht um
einen Glaubenskrieg, denn „Allahu Akbar“ wird sehr häufig im Islam als Zeichen
von Freude, aber auch bei Trauer verwendet.
Es könnte für die Rebellen sehr bald der "point of no return" kommen, also der Punkt an dem es kein Zurück mehr gibt. Denn sie haben in den
vergangenen drei Wochen aus unbekannter Herkunft Waffen erhalten. Sehr viele Waffen. Doch sie bekommen
gleichzeitig extremen Druck aus der Luft seitens Russlands auf den sie mangels
Luftabwehrraketen nicht antworten können. Kann denn Russland den Krieg alleine
aus der Luft gewinnen? Die Antwort lautet: nein.
Angefangen hat alles mit dem arabischen Frühling, der in
Tunesien (weitgehend erfolgreich) begonnen und sich dann auf Libyen (halbes Land durch die frei gewählte Regierung in Tobruk)
ausgebreitet hat. Außerdem gehört dazu Ägypten (kaum Verbesserung), Bahrain
(durch Saudis unterdrückt) und nun in Syrien (unbeendet), wobei sich in den
vergangenen drei Wochen die Fronten in Syrien massiver als je zuvor bekämpfen.
Im Jahr 2011 wurden friedliche Proteste der syrischen Bevölkerung von der
Polizei blutig niedergeschlagen. Sie forderten Demokratie ein.
Wer kämpft in Syrien?
Freie Syrische Armee (Nordwesten, circa ein Viertel der
Landesfläche)
Sie kämpft für eine Demokratie und besteht fast
ausschließlich aus sunnitischen, moderaten (knappe Mehrheit) und konservativen
Rebellen und zu circa einem Zehntel aus der terroristischen al-Nusra-Front, die
stark konservativ bis radikal ist und mit der sich die Rebellen mangels Unterstützung aus dem Westen zusammengeschlossen haben. Es kämpfen auch Frauen. Sie verwenden unter anderem eine
Taktik aus dem 1. Weltkrieg: Tunnel. Sie greifen hauptsächlich das Assad-Regime
an. Würde die Freie Syrische Armee den Krieg gewinnen, müsste die al-Nusra-Front einen Teil der Macht erhalten.
Bekommt diese beispielsweise das Gesundheitsministerium, wird sie sich gegen Rauchen, Alkohol und Drogen einsetzen. Erhält sie hingegen das Bildungsministerium, könnte es passieren, dass sie sich dafür einsetzt, dass Mädchen keinen Zugang zu Bildung erhalten.
Bekommt diese beispielsweise das Gesundheitsministerium, wird sie sich gegen Rauchen, Alkohol und Drogen einsetzen. Erhält sie hingegen das Bildungsministerium, könnte es passieren, dass sie sich dafür einsetzt, dass Mädchen keinen Zugang zu Bildung erhalten.
Assad-Regime (Südwesten, circa ein Viertel der Landesfläche)
Zuerst sollen die Rebellen besiegt werden damit das Regime
gerettet ist. Unterstützt wird das Assad-Regime von Russland, der iranischen Regierung, der libanesischen Hisbollah und schiitische Milizen aus dem Irak. Für
die Versorgung werden Tunnel gebaut. Zuletzt gab es einen Pyrrhussieg in der
Stadt Hama: Beim Geländegewinn verlor man mindestens 50 Panzer.
Russland (Waffenlieferungen und Luftangriffe)
Russland unterstützt das Assad-Regime um seinen äußerst
wichtigen Marinestützpunkt in Tartus zu erhalten. Nur mit diesem Stützpunkt
bleibt Russland eine Supermacht, weil es dadurch den ganzen Mittelmeerraum
beherrschen könnte. Derzeit schickt Russland dutzende Bomber täglich, die
hauptsächlich die Rebellen und nur zu einem sehr geringen Teil den IS
angreifen.
IS – Islamischer Staat (Osten, circa die Hälfte der
Landesfläche)
Er kämpft gegen alle und hat keine Verbündete. Derzeit
kämpft er hauptsächlich gegen die Rebellen, die im Moment als Hauptfeind agieren.
Er verwendet unter anderem Tunnel. Die eingenommene Landesfläche besteht hauptsächlich aus
Wüste.
Kurden (Türkisches Grenzgebiet)
Ihr Ziel ist die Unabhängigkeit von "Westkurdistan“ (Rojava) in Syrien als Teil von Kurdistan. Ein
kleiner Teil der Rebellen kämpft gemeinsam mit den Kurden. Es kämpfen auch
Frauen. Hauptsächlich greifen sie den IS an.
Wie lange der Krieg noch in Syrien geht?
Gefühlt und zum jetzigen Zeitpunkt reden wir von einem Zeitraum zwischen weiteren mehreren Monaten bis maximal fünf Jahren.
Merkels Strategie
Als Putinversteherin und aufgrund ihrer opportunistischen Politik, hat Bundeskanzlerin
Angela Merkel vor einigen Wochen gesagt, dass Gespräche mit Assad nicht
ausgeschlossen werden dürfen. Dies hört sich nach einer diplomatischen Lösung
an. Man könnte sogar sagen, dies ist die pazifistische Lösung schlechthin. Denn
in einem Streit sehen wir das „mal miteinander reden“ als konstruktive gute
Lösung an.
Doch was bedeutet das in einem Krieg? Mit Assad reden
bedeutet nicht, dass man eine diplomatische friedliche Lösung findet, denn die
gibt es in Syrien nicht. Die Fronten sind vorhanden, für Assad gibt es kein
Zurück oder ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Krieg. Im Klartext bedeutet
„mit Assad reden“, dass sich Deutschland auf die Seite von
Assad stellt, denn das Gespräch, sollte es überhaupt stattfinden, kann nur zu
einem einzigen Ergebnis führen: Nämlich dass es für das Regime kein
Kriegsgericht geben wird.
Hinweis: Alle Zahlen sind geschätzt. Es gibt keine offiziellen
Statistiken.