Gosen-Neu Zittau

12. September 2013

Bundestagskandidaten äußern sich zum Natur- und Umweltschutz

von links: Martin Hampel (Piraten), Rolf Offermann (FDP), Martin Patzelt (CDU), Wolfgang Renner (Grüne), Thomas Nord (Die Linke)


BEESKOW - Am 12. September stellten sich fünf Bundestagskandidaten den Fragen des Naturschutzbeirates im Landkreis Oder-Spree. Es ging um Hochwasserschutz, Energiepolitik, Artenvielfalt, naturnaher Tourismus und Landwirtschaft. Eingeladen wurden außerdem Naturschutzhelfer aus dem Landkreis, die zusätzliche Fragen zur Atom- und Friedenspolitik stellten.

Eine stichpunktartige Zusammenfassung:

Martin Hampel (Piraten)
Mit seinen 32 Jahren bezeichnete er sich selbst als das Küken unter den Kandidaten. Er ist von Beruf Medienpädagoge und sieht seine Schwerpunkte insbesondere in der Bildungsarbeit. Er kam ohne Laptop.

Er nennt sich selbst einen „fast Oderbruchler“ und sagt, dass es die Piraten mit dem Hochwasserschutz einfach halten: Sie reden mit den Leuten vor Ort, um Lösungen zu finden.

Wenn man Kindern und Jugendlichen die Natur wieder näher bringt, kann man schon sehr viel erreichen. Sie können heute kaum noch die unterschiedlichen Baumarten bestimmen. Selbst in relativ grünen Städten wir Frankfurt Oder wachsen die Kinder viel zu naturfern auf. Die Natur genießen, an die frische Luft gehen, eine vielleicht einfach anmutende Lebenseinstellung, die sich aber bezahlbar macht, wenn es um Tourismus in der Region geht.

Die Piraten möchten lokale, regionale, saisonale Lebensmittel. Wieso sind importierte Äpfel teilweise günstiger als einheimisches Obst? Was muss an der Preispolitik geändert werden? Diese Fragen stellen sich die Piraten. Es muss wieder lohnenswert sein, regionale Produkte zu produzieren.
Außerdem sollten Lebensmittel kein marktwirtschaftliches Gut sein: Eine Aussage, der Martin Patzelt (CDU) als selbsternannter „gelernter DDR-Bürger“ vehement widersprach.

Zur Friedenspolitik nannte er die Absicht der Piraten ein totales Rüstungsexportverbot durchsetzen zu wollen.

Rolf Offermann (FDP)
Der vielleicht beste Rhetoriker unter den fünf Kandidaten kommt ursprünglich aus dem Rheinland. Seit 1996 ist er Geschäftsleiter bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt Oder.

Zum Hochwasserschutz nannte er die funktionierende Spundwand von Köln, die auch für Brandenburger Städte anwendbar wäre, um vor Hochwasser zu schützen. Die Deiche alleine werden nicht ausreichen und man wird große Überflutungsflächen zur Verfügung stellen müssen. Spundwände werden nicht von allen Naturschützern befürwortet. Der Vorsitzende des Naturschutzbeirates Dr. Schulz wies darauf hin, dass andere Lösungen gebraucht werden.

Windkraftanlagen dürfen nicht in Naturschutzgebieten aufgebaut werden. Ein Mindestabstand zu Ortschaften muss eingehalten werden. Die Forschung zur Energiespeicherung muss vorangetrieben werden.

Eine Maßnahme gegen das Artensterben wäre unter anderem, fünf bis zehn Prozent der Bodenflächen in Schutzgebiete umzuwandeln.

Den Landwirten Pestizideinsätze zu verbieten sieht er als „Herkulesaufgabe“.

Der Tourismus in der Region könnte gefördert werden, wenn die Tourismusvereine von Frankfurt Oder, Märkisch Oderland und Landkreis Oder-Spree miteinander kooperieren würden.

Martin Patzelt (CDU)
Er hat 13 Geschwister und ist Vater von fünf Kindern. Er wohnt in einem Mehrgenerationenhaus und ist Großvater von sieben Enkeln. Man kann sagen, Martin Patzelt ist ein Familienmensch. Christliche Wertevorstellungen gehören zu seinen politischen Überzeugungen.

Er möchte die technischen Verfahren für Erdgaslagerstätten vorantreiben.

Er spricht sich gegen Massen- und für einen „sanften“ Tourismus aus.

Regionale Landwirtschaft kann unterstützt werden, wenn Transportwege besteuert werden würden.

Die Waffenindustrie schafft Arbeitsplätze, die erstmal Stück für Stück ersetzt werden müssten, bevor man von einem Waffenexportverbot redet.

Wolfgang Renner (Grüne)
Er kommt ursprünglich aus München und behauptet, dass das Auto von demjenigen am nächsten Tag weg wäre, der versuchen würde in Bayern Massentierhaltung zu betreiben. Brandenburg und Niedersachsen sind die einzigen Bundesländer, die Massentierhaltung subventionieren.

Er kann den Standartsatz von Offermann (FDP) und Patzelt (CDU): „Wir müssen den Flüssen mehr Raum geben.“ nicht mehr hören. Das Hochwasserproblem wird immer in die Zukunft verschoben. Kein Deich wird zukünftige Hochwasser halten. Baugenehmigungen in Hochwassergebieten sorgen immer wieder dafür, dass „die Tiere absaufen, die Menschen holt man vorher raus.“ Die Flächen für Überflutungen sind da, aber es wird nichts gemacht. Die Politik darf auf Druck der Bauernlobby nicht nachgeben.

Er findet es toll, wie die CDU und FDP in dem Gespräch für das Vorantreiben von Forschung im erneuerbaren Energiebereich sind, aber das größte Forschungsetat geht nach wie vor in die Atomenergie.

Die Agrarsubventionen müssen anders verteilt werden. Er würde alles was in seiner Macht steht tun, um sich gegen Massentierhaltung einzusetzen. „Agrarpolitik ist Machtpolitik und wenn Du nicht an die Förderungen rangehst, erreichst Du nichts.“

Zur Situation in Syrien hält er es wie Helmut Schmidt: „100 Tage verhandeln ist besser als eine Minute schießen.“

Thomas Nord (Die Linke)
Mit seiner früheren Tätigkeit als IM (Inoffizieller Mitarbeiter) geht er seit über zwanzig Jahren ganz offensiv um. 1989 öffnete ihm den Weg vom Parteikommunisten zum demokratischen Sozialisten. Er ist seit 2009 im Bundestag und möchte nun wiedergewählt werden. Er war der Schlagfertigste in der Runde.

Für den Hochwasserschutz sollten Gelder nicht nur für Schäden sondern auch für vorbeugende Maßnahmen, auch auf europäischer Ebene, ausgegeben werden.

An vorhandenen Standorten sollte man die Anlagen der erneuerbaren Energien noch leistungsstärker machen.

Auf die Aussage von Renner (Grüne), dass dank seiner Ministerin Anita Tack (Die Linke), die Agrarwende noch nicht vollzogen ist, konterte Nord mit „Jeder hat seine Minister.“

Abschließend wünschte der Naturschutzbeirat den Kandidaten alles Gute für die Wahl und im Falle von Einzügen in den Bundestag ein „Dickes Fell vor den Lobbyisten.“ 

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