Bollywood ist das indische Pendant zu Hollywood, wobei das "B" für Bombay (heute: Mumbai) steht. Außerdem werden Bollywood-Filme auch Hindi-Filme genannt, insbesondere dann, wenn man sie nicht mit der amerikanischen Filmindustrie vergleichen will.
Bollywood-Filme sind für die Inder im Grunde genommen nur ein Vorwand, um Musicals drehen zu können. Denn es handelt sich fast ausschließlich um Filme mit eingebauten Tanzszenen. Dabei ist es für die Schauspieler auch kein Geheimnis, dass sie die Songs nicht selber singen sondern nur ihre Lippen zum Playback bewegen. Die Sänger werden als eigene Stars im Hintergrund in Indien verehrt.
Länge
Der klassische Bollywood-Film geht mindestens 3,5 Stunden lang, also mehr als doppelt so lange wie die meisten westlichen Filme mit ihren durchschnittlichen 90 Minuten Spielzeit.
Die lange Spielzeit hat mehrere Gründe. Während westliche Filme eine Handlung mit einem guten, bösen oder auch gar keinem Ende aufhören, müssen gute Bollywood-Filme neun Geschmacksrichtungen befriedigen. Bollywood-Filme sind immer Familienfilme und um alle Familienmitglieder zu befriedigen, kommen deshalb diese Dinge vor: Liebe, Kummer, Wut, Schrecken, Ekel, Heldentum, Komödiantisches, Wundersames und Friedliches. Der "Ekel" in den Filmen, wird meist mit Autounfällen oder Schlägereien abgedeckt, wobei gerne Blut gezeigt wird. Das muss natürlich alles erstmal in einem Film untergebracht werden. Dazu kommen die Tanzeinlagen, wegen denen die Inder fast hauptsächlich das Kino überhaupt erst betreten. Deswegen sind die Handlungen in den Filmen auch komplexer als wie wir sie aus westlichen Filmen kennen. Der erste Teil vom Film enthält ein Ende, wonach in der Mitte des Filmes das Wort "Intermission" eingeblendet wird, welches in Kinos gerne als Toilettenpause benutzt wird. In der zweiten Filmhälfte ändert sich nochmal alles und am Ende des Filmes kommt das hauptsächliche "Ende".
Dance
Beim Bollywood-Tanz wird an nichts gespart, da er das wichtigste am ganzen Film ist. In allen wichtigen Szenen erscheint auf der Bildfläche oft ein Tanz, der für westliche Kulturen manchmal verstörend wirkt, weil der Schauspieler zum Beispiel gerade noch etwas gesagt hat und plötzlich ist er an einem anderen Ort am Tanzen. Diese manchmal unlogische Abfolge ist aber auch typisch für westliche Musicalfilme.
Beim Bollywood-Dance tanzt meist eine Gruppe Frauen mit einer Haupttänzerin gegenüber einer Gruppe Männer mit einem Haupttänzer. Die Haupttänzer singen dann auch Playback. Die Kostüme sind dabei typisch indisch, zum Beispiel tragen die Frauen Saris, die Männer gerne Turban. Je mehr Tänzer desto besser. Es geht darum, optisch mit aufwendigen und farbenfrohen Kostümen in der Masse der auftretenden Tänzer zu beeindrucken. Die Frauen tanzen oft barfuß und tragen von Kopf bis Fuß viel Schmuck. Haarschmuck, Ohrschmuck, Ketten und jede Menge Armreifen sowie Fußglöckchen. Von den Fußglöckchen der Frauen singen die Männer auch gerne als besonders attraktives Kennzeichen einer indischen Tänzerin. Die Haare der Frauen sind meistens doppelt so lang, wie die Haare von westlichen Frauen, also bis zum Hintern und auch darüber hinaus. In klassisch geflochtenen Zöpfen wird die Haarlänge beim Tanzen gerne besonders zur Schau gestellt, wenn sich eine Frau dreht und sich der Zopf dabei um ihren Körper wickelt. Manchmal ist der Zopf auch so lang, das er am Sari hinten, über dem Hintern, festgesteckt wird. Beim Make-up wird nicht gespart. Die Haut der Frauen muss makellos sein und es wird alles benutzt, was es gibt, auch sehr gerne künstliche Wimpern.
Gestik und Mimik
Beim Singen wird gerne die Gestik und Mimik zu Hilfe genommen, um die Gefühle auszudrücken. Dabei wird zum Beispiel bei der Geste "Daumen hoch" der Daumen gedreht, was dem Gegenüber zeigen soll, das man ihn mag. Es gibt noch zahlreiche weitere Gesten, die ich aber hier schriftlich schwer erklären kann. Das Herunterbeugen und Berühren der Füße vom Gegenüber ist ein Ausdruck in Indien von Unterwerfung und Respekt und wird gerne bei älteren oder ranghöheren Personen gemacht. Diese wiederum ziehen den "Untergebenen" oft nach oben, um ihn davon abzuhalten und halten ihre Hand über den Kopf des anderen und sagen so etwas wie "Ich segne Dich". Füße gelten in Indien als unrein und diese zu berühren ist daher eine sehr respektvolle Geste. Oft wird nach dem Berühren die Hand noch zum Herzen geführt.
Tränen
Genau wie beim Playback-Gesang verzichtet man auf eigene Leistung. Die Schauspieler müssen nicht alleine durch schauspielerisches Können auf Knopfdruck weinen. Es gibt so viele Tränen in den Filmen, so dass unter anderem mit Tigerbalsam nachgeholfen wird. Dadurch sind die Augen auch oft rot unterlaufen, was noch authentischer aussieht.
Küssen
Kussszenen gibt es so gut wie überhaupt nicht, da es Familienfilme sind, die auch Kinder sehen und auch sonst die indische Frommheit in diesem Punkt siegt. Intime Szenen werden allerdings gerne angedeutet indem der Mann die Stirn oder den Hals der Frau küsst oder ihr sonst auch sehr nahe kommt. Das "Knistern" das dadurch sichtbar gemacht wird, ist außerdem erotischer als ein einfacher French-Kiss.
Punkt
Der rote Punkt auf der Stirn bedeutet nicht, dass derjenige verheiratet ist sondern er wird im Hinduismus während der religiösen Rituale von einer anderen Person auf die Stirn gebracht. Insbesondere auch an religiösen Feiertagen. Eine verheiratete indische Frau erkennt man an einem roten Pulver, das über ihre Stirn zwei bis drei Zentimeter in ihren Haarscheitel hineingestrichen wird.
Ruhm
Den Ruhm der indischen Filmstars kann man mit den amerikanischen Filmstars nicht vergleichen. In Indien werden die Filmstars von den Fans extrem vergöttert. Das Anfassen eines erfolgreichen Stars bringt Glück und somit sind es die männlichen Filmstars gewöhnt, von männlichen Fans angefasst zu werden. So sind die Schauspieler meist sehr menschennah und verteilen großzügig hand-shakes. Das Anfassen vom anderen Geschlecht wird in Indien nicht öffentlich praktiziert.
Boom
Der Boom der Bollywoodfilme in Deutschland fand mit Importen statt, die im Jahr 2004 synchronisiert auf RTL2 liefen. Insbesondere romantisch veranlagte Frauen in westlichen Ländern lieben die Filme. Viele westliche Menschen empfinden sie als zu kitschig, da die Songtexte hierzulande extrem ungewohnt blumig sind.
In der westlichen Welt sind die Frauen emanzipiert und selbstständig, wodurch klassische Rollenbilder fast verpönt werden. In Indien wird die Schönheit der Frau regelrecht zelebriert, sicher auch ein Grund warum aus Indien so viele "Miss World" stammen. Die männlichen Helden in den Filmen sind dagegen oft kämpferisch und selbstbewusst. Sie kämpfen um ihre Auserwählte und versuchen alles, um sie herum zu kriegen. Hierzulande könnte man das auch als Stalking bezeichnen, aber in Indien ist das die klassische Brautwerbung. Bei uns sind Traditionen verschwunden, nach denen sich viele Menschen unbewusst sehnen. Bollywood-Filme sind geradezu geschwängert mit Traditionen und auch mit Problemen, die uns hier unbekannt sind und uns daher faszinieren.
Frauenheld
Der größte Star in Indien ist zur Zeit Shah Rukh Khan, der 1965 geboren wurde. Er wird zur Zeit langsam von einem jüngeren Kollegen abgelöst, der zukünftig das Image des größten Frauenheldes einnehmen wird. Shah Rukh Khan sieht ihn nicht als Konkurrenten an, sie haben auch schon gemeinsam in Filmen gespielt. Jede Generation hat ihren Frauenhelden. Früher war es zum Beispiel Amitabh Bachchan, der 1942 geboren wurde und bis heute oft die Vater- oder Großvaterrolle in Filmen spielt. Shah Rukh Khan behauptet von sich selbst, kein besonders guter Schauspieler zu sein. Dies mag stimmen, denn das Charisma ist in Hindi-Filmen viel wichtiger und er kann so spielen, dass sich Frauen in ihn verlieben. Er ist ein großartiger Tänzer und bekommt Choreografien, die auf seine Person zugeschnitten sind.
Aishwarya Rai war einmal Miss World aus Indien und ist eine der bedeutendsten Schauspielerinnen in Indien zur jetzigen Zeit. Aus meiner Sicht ist sie die schönste Frau aller Zeiten :) Hier ein Song aus dem Film "Devdas":
Und hier Shah Rukh Khan:
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