11. Juli 2016

Portugal in your face! Die Fußball-Europameisterschaft 2016

So jubelt Island:




Von Anfang an haben die Deutschen rumgejammert. Es gibt zu viele Mannschaften (außer Island) und der neue Turniermodus verdrängt die großen Favoriten, so dass ausgerechnet Portugal als Außenseiter mit diesem selbstverliebten Ronaldo gewonnen hat. Man hätte den Sieg im Finale so sehr Frankreich gegönnt. Schließlich ist Frankreich unser Nachbar und nach den Terroranschlägen hätte es Frankreich so gut getan zu gewinnen! Doch Moment, immer wenn es so einen allgemeinen Konsens gibt, wird es auch mal Zeit diese Kritikpunkte unter die Lupe zu nehmen, bevor man nur das nachplappert was alle anderen erzählen.

Zu viele Mannschaften
1996 wurde die Teilnehmerzahl von 8 auf 16 verdoppelt. Und in diesem Jahr wurde die Anzahl auf 24 erhöht. Es wurden 51 statt bisher 31 Spiele ausgetragen und die Endrunde dauerte daher eine Woche länger als sonst. Mehr Spiele, mehr Fußball, eine längere EM? Welcher Fußballfan kann das nicht gutheißen? Außenseiter, also die so genannten Underdogs sollten keine Chance haben zu gewinnen? Seit wann macht das denn einen Sport attraktiv? 

Zuerst einmal heißt es EUROPA-meisterschaft. Europa hat 49 Länder, so dass die UEFA die mögliche Qualifikation aller dieser Länder garantieren müsste. Politisch korrekt wäre sogar, England aus der EM auszuschließen, weil die englische Nationalmannschaft nicht das gesamte Vereinigte Königreich repräsentiert. Die Teilnahme für Nordirland und Wales dürfte dementsprechend auch nicht stattfinden. Und wer sich jetzt darüber wundert, was ich hier schreckliches erzähle (England soll nicht teilnehmen?!), dem sei gesagt, dass genau aus diesem Grund die englische sowie die walisische, schottische und nordirische Nationalmannschaft NICHT an den Fußballturnieren der Olympischen Sommerspiele teilnehmen dürfen. Es heißt schließlich VEREINIGTES Königreich und nicht geteiltes Königreich.

Und jedem, der sich in die isländische Mannschaft verliebt hat, sei gesagt, dass es genau das ist, was eine Erstteilnahme in so einem Turnier ausmacht. Man beschäftigt sich mit einer unbekannten Nationalmannschaft und dementsprechend mit einem ganzen Land. Eine bessere Werbung für ein Land gibt es nicht. So boomt der Tourismus in Island seit der EM mehr denn je. Kein Grund also die Anzahl der Mannschaften zu reduzieren.

Französische Fans
Spätestens als die französischen Fans bei der portugiesischen Nationalhymne gebuht haben, habe ich mich auf die Seite der Portugiesen geschlagen. Was stimmt mit diesen Fans nicht?
Als die Fanzone am Eiffelturm bereits völlig überfüllt war und niemand mehr hinein durfte, kam es zu Ausschreitungen zwischen jugendlichen Randalierern und der Polizei. Es gab ungefähr 50 Festnahmen. Und im Stadion? Da wurde erneut gebuht als Portugals bester Spieler, Cristiano Ronaldo, verletzt das Spiel unterbrechen musste. Es gibt einen gewissen Kodex, einen Respekt, den man der gegnerischen Mannschaft entgegenzubringen hat. Die Franzosen haben hier aus meiner Sicht versagt. Dieses Land ist im Moment so tief gespalten, dass auch ein Sieg hier nicht langfristig geholfen hätte.

Sie fanden es toll, dass die französischen Fans sowie die französische Nationalmannschaft den isländischen „Huh“ Schlachtruf (mehr schlecht als recht) kopiert hat? Dann lesen Sie mal diese beiden Zitate:

„Jesus Christus Frankreich...ihr habt uns besiegt, aber findet doch eure eigene Art zu feiern. #peinlich“ 
– Fan Initiative Icelandic Football

„Es war nett zu sehen, dass der französische Fußball-Verband unsere Anfeuerung in Marseille geehrt hat. Aber niemand kann es besser als Island.“ 
– isländischer Verband KSI

Cristiano Ronaldo
Das Finale war, bis auf das eine Tor, so langweilig, dass wir dankbar sein sollten, Ronaldo dabei zu haben. Seine Tränen als er ausscheiden musste, seine Tränen als Portugal gewonnen hat. Und vor allem sein Enthusiasmus sein Team zu unterstützen und temporär seinem Trainer dabei am Spielfeldrand zu assistieren. Er konnte überhaupt nicht anders, schließlich weiß er gar nicht, wie es ist auf der Bank zu sitzen. Und wer ihn als narzisstisch bezeichnet, der sollte mal eine Frau fragen, was sie von ihm hält, sobald er sein Trikot auszieht (ein bisschen Narzissmus schadet nie). Er ist ein Superstar, eine Ikone. Er vermarktet sich selbst perfekt und wenn ein bisschen Egozentrik hilft, warum nicht? Allen Kritikern sei gesagt, dass er zahlreiche Charityorganisationen unterstützt und keine Skandale á la Messi aufzuweisen hat (und trotzdem lieben alle Messi).

Allerhöchste Zeit also den Portugiesen ihren wohlverdienten Sieg zu gönnen (Oder haben Sie das Tor von Eder nicht gesehen?). 

Jetzt erholen wir uns erstmal ein bisschen von der EM und dann heißt es schon bald: Nach dem Fußball ist vor Olympia.

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