Im Auto hörte ich heute zum ersten Mal den Song „Black
Skinhead“ von Kanye West und sah mich sofort wieder in Dublin zurückversetzt,
wo ich 2001 wohnte. Der Song ist aktuell, warum also? Dazu später mehr... (Wer
Dublin kennt: damals gab es noch keine Straßenbahn und auch noch nicht das
Wahrzeichen „The Spire“.) Unser Urvertrauen an das Gute war bis zum 11.
September noch vorhanden...
Aber von Anfang an: Ich war 20 Jahre alt und wohnte und
arbeitete für 15 Monate in Dublin. Das ist eine sehr lange Zeit für einen
Festland-Europäer, weil der tägliche Regen einem derart aufs Gemüt schlägt,
dass man dort kaum dauerhaft wohnen kann. Deshalb wandern die irischen Rentner
auch zuhauf aus (deshalb und aus geschichtlichen Gründen ist Dublin ein
Auswandererland). Damals lag das Durchschnittsalter in Dublin bei 29. Was also
tun in einer jungen Stadt in der es jeden Tag kurze Regenschauer gibt und die
Straßen und Gehwege davon IMMER nass sind? Man verbringt sein Leben in den
gemütlichen Pubs und den Nachtclubs. Montags wird davon geredet wo man freitags
hingeht.
Damals gingen wir immer in das legendäre Temple Theatre, was es heute
leider nicht mehr gibt. Es wurde 2004 wegen Baufälligkeit geschlossen. Seitdem
ist Dublin nicht mehr was es damals war. Man ging in diese gefährliche Gegend
also am Freitag hin. Die irischen Mädels trugen kurze Partykleider mit hohen
Schuhen und ohne Strumpfhosen bei JEDEM Wetter, auch im Winter... Man stellte
sich in eine lange Schlange (die Iren lieben das Anstehen genauso wie die
Engländer) und wurde dann von mehreren Türstehern gefragt wie es einem geht.
Sie sahen uns in die Augen (Pupillen) und fragten uns deshalb, um
herauszufinden ob wir auf Drogen sind. Wenn man aus versehen an einem Samstag
ins Temple Theatre ging, sah man auch warum. An Samstagen lief Techno und ALLE
schienen dort auf Drogen zu sein. Am Freitag jedoch lief dort Hip Hop. Die
lauten Bässe umfingen mich beim Eintreten, damals war Hip Hop meine Musik. Eine
aggressive Musik, die an Coolness kaum zu überbieten ist. Eine Musik, die man
mit Anfang 20 am liebsten hört.
Einmal haben sich im Temple Theatre fast zwei
Männer um mich geprügelt...eine einmalige Erfahrung, die nicht so verkehrt ist
für eine Frau...
Wir tranken ausschließlich Smirnoff Ice und wir befanden uns
ständig in himmelhochjauchzender Verliebtheit oder zutodebetrübten
Liebeskummer. Denn das Wetter in Irland steigert die Sehnsucht nach
Geborgenheit um ein Vielfaches. Es macht so nachdenklich und melancholisch,
dass es kein Wunder ist, dass einige der besten Autoren aus Irland kommen.
In
Dublin hatte ich eine der schönsten Zeiten in meinem Leben verbracht. Ich
empfehle allen jungen Leuten dort ihre Auslandserfahrung zu machen.
Ich könnte
noch so viel über Dublin schreiben, aber stattdessen zeige ich jetzt den Song,
der mich an das Temple Theatre erinnert hat (obgleich der Song ganz aktuell ist). Für mich ist dieser Song "Hip Hop at its best". Lange habe ich nicht so guten Hip Hop gehört :)
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