3. April 2020

Ignorante Deppen unterminieren mühevolle Anstrengungen - Corona Ansprache des Landrates im Landkreis Oder-Spree

Karte
Das Coronavirus kommt auch im Landkreis Oder-Spree vor.
(Bild: Wikipedia)


Ansprache des Landrates Rolf Lindemann im Landkreis Oder-Spree:

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Ich hatte Ihnen zugesagt wesentliche Informationen möglichst frühzeitig mit Ihnen zu teilen. ...

Mir geht es darum, dass möglichst Viele auf dem aktuellen Stand sind, weil wir uns alle nur dann zielgerichtet und gesundheitsbewusst im öffentlichen Raum bewegen, Falschmeldungen erkennen können und damit Verschwörungstheorien im Keim ersticken. Darüber hinaus stärken wir auf diesem Wege den jetzt so wichtigen Bürgersinn.

Wir haben mit Stand 01. April 80 Fälle im Kreisgebiet mit den Schwerpunkten an der westlichen Kreisgrenze im Bereich Schöneiche Woltersdorf mit 20 Fällen und am östlichen Rand mit den Kommunen Eisenhüttenstadt und Brieskow-Finkenherd mit 18 Personen. Vier Patienten sind im Moment in Kliniken untergebracht ein schwerer Fall wird derzeit beatmet.
Nicht verschweigen wollen wir eine hoffungsvoll stimmende Kennzahl. 19 Patienten haben die Infektionskrankheit im Landkreis Oder-Spree inzwischen überwunden. Auch diese Zahlen werden parallel zur Neuinfektion glücklicherweise steigen. Das darf uns aber nicht in trügerischer Sicherheit wiegen.

Besondere Aufmerksamkeit müssen wir auf die strikte Einhaltung der angeordneten Schutzmaßnahmen für Gemeinschaftseinrichtungen insbesondere für die Senioren und Pflegeheime aufwenden – hier haben wir seit vorgestern einen Verdachtsfall im Landkreis zu klären. Wir wollen deshalb alles Menschenmögliche unternehmen, um Bilder, wie in Würzburg oder Wolfsburg zu vermeiden.
Ich weiß, dieses Unterfangen stellt insbesondere die Mitarbeiter in der Pflege, in den Behinderteneinrichtungen aber auch in den Kliniken inzwischen vor ganz enorme Herausforderung, denn das Ende des ausgesprochen ärgerlichen Beschaffungsengpasses bei Schutzausrüstung und Masken ist gegenwärtig nicht absehbar.
Die vor zwei Wochen von Bundesminister Span angekündigte Flutung mit Masken ist bei uns leider bislang nicht angekommen. Wir lassen in unserem Druck allerdings nicht nach. Darauf können Sie sich verlassen.

Andererseits dürfen wir als Verantwortliche vor diesem Mangel nicht kapitulieren. Gute Ideen und Eigeninitiative sind jetzt gefragt, damit wir auch auf niedrigerem Schutzstandard ohne leichtsinnige Eigengefährdung weiterarbeiten können.
Ich wende mich deshalb auch an die heimischen Unternehmen, soweit diese Möglichkeiten sehen, den Gesundheitsbereich zu unterstützen mit den Ärzten gemeinsam vertretbare Notlösungen zu entwickeln.

Aus dem Lagebild müssen wir, wenn wir eine relativ gleichmäßige Testung in unseren Testzentren Schöneiche, Storkow, Beeskow, Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt unterstellen, die Schlussfolgerung ziehen, dass ein urbaner Lebenszuschnitt und urbane Lebensgewohnheiten mit hoher Mobilität und engen Kontakten auch im Freizeitbereich ein dynamisches Ausbreitungsgeschehen hervorrufen.
Verhaltensmäßig orientieren sollten wir uns deshalb, an dem traditionell zurückgenommeneren Lebensstil, der den ländlichen Raum prägt.

Ärzte, die die Testzentren betreiben, bestätigen diese Schlussfolgerung. Sie schildern konkret die Ansteckungswege, die in erster Linie im Familiären- und im Bekanntenbereich verlaufen – unverständlicherweise finden hier offensichtlich immer noch Geburtstagsfeiern und gesellige Runden statt, die in Einzelfällen sogar ein polizeiliches Einschreiten erfordern. Insofern ist es dringend angezeigt alle Formen von Geselligkeit für eine Übergangszeit zu unterbinden.

Das ist zwingend erforderlich, wenn wir uns den Aufwuchs der infizierten Zahlen und der Verdachtsfälle in den letzten Tagen auch einmal im Landesmaßstab vergegenwärtigen.
Leider wird man durch die aktuellen Nachrichten auch immer wieder bestätigt. Wir hören gerade, dass das Ernst von Bergmann Klinikum und weitere Kliniken in Deutschland übergangsweise für Neuaufnahmen geschlossen werden musste. Wir sehen also es bleibt ernst.

Deshalb ist es unverständlich, dass insbesondere jüngere Leute immer noch Anlass zu ordnungsbehördlichem und polizeilichem Einschreiten geben. Dies war insbesondere am letzten Wochenende der Fall. Diesen Zeitgenossen sei nochmals gesagt: Ihr Verhalten spielt mit der Gesundheit und dem Leben ihrer Mitmenschen.
Wir alle zahlen gegenwärtig einen hohen wirtschaftlichen Preis dafür, dass wir möglichst wenige Opfer zu beklagen haben und jeder von uns – jedes Menschenleben ist diese Anstrengung wert. Wir sehen es deshalb nicht mehr ein, dass ignorante Deppen unsere mühevollen Anstrengungen unterminieren.

Die Schonfrist für das Einüben der neuen Verhaltensvorgaben entsprechend der Eindämmungsverordnung ist beendet. Die Polizei und auch die Ordnungsämter haben meiner Ordnungsbehörde die Zwischenfälle des letzten Wochenendes gemeldet. Diese werden wir jetzt mit empfindlichen Bußgeldern beantworten. Auch das erwartet die ganz überwiegende Anzahl der Bürger, die sich sehr verantwortungsvoll verhalten und damit dazu beitragen, dass die einschneidenden Maßnahmen, die uns alle extrem belasten ihre Wirkung nicht verfehlen.

Von Bürgermeistern und Amtsdirektoren, in deren Verantwortungsbereich insbesondere die freizeitlichen und touristischen Schwerpunkte im Landkreis liegen bin ich informiert worden, dass das Verhalten von Menschen, die am Wochenende aus den beengten Verhältnissen der Stadt flüchten vor Ort zum Teil zu schwer handhabbaren Situationen und Konflikten führte.

Diejenigen die sich hier hemmungslos verhalten, sollten in Rechnung stellen, dass das von der einheimischen Bevölkerung sehr kritisch beobachtet wird und uns derartige Rücksichtslosigkeiten allesamt nicht fröhlicher macht.

Wir in Oder-Spree leben auch vom Tourismus. Insofern dürfen Gäste gleich woher auch immer sie kommen mit einer grundsätzlichen Aufgeschlossenheit rechnen. Wir haben auch nichts dagegen, dass sie unsere Wälder zur Erholung und zum Sport nutzen – ganz im Gegenteil. Aber bitte passen Sie Ihr Verhalten den gegebenen Umständen an, halten Sie sich wie alle übrigen zurück.
Das gilt insbesondere für den Wassersport. Dieser ist zwar grundsätzlich erlaubt, allerdings nur in zurückgenommener Form, die die Eindämmungsverordnung mit ihrer klaren Zielsetzung vorgibt.

Wir können es deshalb nicht hinnehmen, dass über das Osterwochenende die gesamte Freizeitflotte zu Wasser gelassen wird oder große Motorboote den Scharmützelsee bevölkern.
Folgen Sie der dringenden Empfehlung der Bundeskanzlerin und unseres Ministerpräsidenten, die sozialen Kontakte auf das unbedingt notwendige Minimum zu beschränken.

Wir alle haben gemeinsam eine schwierige Phase zu durchleben und da gilt nun einmal für Einheimische wie auch für Gäste, dass sie sich den geltenden Regeln zu unterwerfen haben. Deshalb werden unsere Ordnungsämter gemeinsam mit der Polizei gegen ein Freizeitverhalten, das nicht dem Geist und dem Sinn der Eindämmungsverordnung entspricht rigoros einschreiten. Zu diesem Zwecke wird der Landkreis eine Allgemeinverfügung erlassen. In dieser werden die Verhaltensmaßregeln der Eindämmungsverordnung nochmals detaillierter für den Freizeitbereich präzisiert
In diesem Sinne werden die Schleusen für touristische Zwecke geschlossen. Ebenso werden Marinas und Slipanlagen voraussichtlich bis zum 19.04.20 entsprechend der Kontaktbeschränkungen der Eindämmungsverordnung stillgelegt.

Selbstverständlich dürfen die Wasserstraßen für sportliche Betätigungen wie Rudern oder Paddelausflüge genutzt werden, sofern dabei die Vorgaben der Eindämmungsverordnung beachtet werden.
Es gilt allerdings ein enger Sportbegriff, denn wir können nicht einerseits das Joggen als Einzelpersonenveranstaltung vorschreiben, sogar Kinderspielplätze schließen und andererseits Pulks von Yachten über unserer Seen fahren lassen – zumal wir uns dann auch der Möglichkeit begeben würden eine effektive Kontrolle der Einhaltung der Eindämmungsverordnung sicher zu stellen.

Ich bin mit den Bürgermeistern und Amtsdirektoren übereingekommen, dass wir an den kommenden Wochenenden intensive Kontrollen auch mit polizeilicher Begleitung durchführen werden. Wir werden auch Parkplätze in ihrer Belegung limitieren bzw. sperren soweit die Eindämmungsverordnung das geboten erscheinen lässt.

Wir müssen in diesem Kontext zudem eine weitere Gefahrenquelle im Auge behalten, die es zwingend erforderlich macht, Waldwege und Waldrandstreifen von parkenden Autos freizuhalten, da wir in den kommenden Tagen die Waldbrandstufe V erreichen könnten.

Soweit zum aktuellen Geschehen. Ich werde Sie auch in den kommenden Tagen weiter auf dem Laufenden halten. Unterstützen Sie uns bitte auch weiterhin zu tatkräftig wie bisher.



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