Gosen-Neu Zittau

28. Dezember 2019

Wie ist es ökologisch zu bewerten, dass in der Grünheider Teslafabrik das Model Y produziert werden soll?

Tesla Model Y
Tesla Model Y
(Foto: Daniel Cardenas)
Tesla Model Y Heckansicht
(Foto: Daniel Cardenas)

Diskussionspapier von Ralf Schmilewski (21.12.2019)

Thema 
Oft wird insbesondere von Seiten von Umweltschützern kritisiert, dass Tesla in Grünheide SUVs (Sport Urban Vehicle) produzieren wird. Zumindest SUV-Verbrennungsautos gelten als umweltschädlich. 

Warum werden SUVs kritisiert? 
SUVs sind höher gebaut als herkömmliche Autos. Dadurch sind sie schwerer, haben eine größere Stirnfläche, einen höheren Windwiderstand und folglich einen höheren Verbrauch. Bei hohen Geschwindigkeiten wird der Verbrauch eines Autos hauptsächlich vom Windwiderstand bestimmt, deshalb ist es besonders problematisch, dass SUVs Spitzengeschwindigkeiten von 250 km/h und mehr erreichen und dass diese Fahrleistung auch genutzt wird (1)(2). SUVs haben in der Regel einen größeren Bedarf an Parkraum, warum sie als Stadtauto eher ungeeignet sind. Aufgrund ihrer Größe sind sie unübersichtlicher, erfordern sie ein höheres fahrerisches Können und tragen in der Stadt ein größeres Unfallrisiko. Gleichzeitig liefern sie im Vergleich zu herkömmlichen PKW wenig zusätzlichen Gebrauchswert. Es können oft nicht mehr Personen/Gepäckstücke als mit herkömmlichen Autos mit ihnen transportiert werden. (3)(4) Daraus könnte man ableiten, sie werden lediglich gekauft, weil sie in Mode sind und mehr Eindruck machen. Große Autos gab es schon vor den SUVs. Besonders in alternativen und auch ökologischen Szenen sind Kleinbusse beliebt, in denen man schlafen kann und die dadurch einen spontanen Lebensstil unterstützen. Familien fahren gerne Großraumlimousinen der „Sharan“-Klasse, weil damit auch der Kinderwagen und viel Gepäck transportiert werden kann. Im Gegensatz zu den SUVs steht bei diesen großen Autos bei der Anschaffung der erhöhte Gebrauchswert im Vordergrund. Gleichzeitig sind diese Autos ursprünglich mit weniger Leistung ausgestattet, so dass sie einen moderaten Verbrauch pro transportiertem kg bzw. pro transportierter Person haben. Neue Turbodiesel-Kleinbusse mit 250 km/h Spitze widersprechen diesem Grundsatz zunehmend. Ein Bully dagegen, der mit 9 Personen besetzt mit 90 km/h auf der Autobahn fährt, ist sehr energieeffizient.

Die Teslafabrik und das Model Y 
Mit der Entscheidung hauptsächlich das Model Y in der Grünheider Fabrik zu bauen, reagiert Tesla auf das Kaufverhalten der europäischen Bevölkerung, die aktuell sehr stark SUVs und auch PKW mit großem Raumangebot nachfragen. Damit sich Elektromobilität durchsetzt, muss Tesla ein Auto bauen, dass sich gegen die Verbrenner-Konkurrenz durchsetzt. Die Alternative zum Model Y ist folglich nicht das Model 3 oder der Elektro-Smart sondern z. B. der BMW X3 oder der VW Sharan. Jeder elektrische Neuwagen, der einen Verbrenner verdrängt, reduziert die CO2- und Schadstoffbelastung und sorgt für eine effizientere Energienutzung (5). 

Da das Model Y noch nicht ausgeliefert wurde, sind aktuell leider insbesondere noch keine Erfahrungswerte (wichtiger als theoretische und ggf. manipulierte Werte) bekannt. Anhand der Angaben kann man aber schon einige Aussagen treffen: 

Das Model Y ist ein Kompakt-SUV. Es liefert 7 Sitzplätze auf einer Fläche von 8,8 qm (6) und ist damit kleiner als z. B. ein Sharan der 7 Plätze auf 9,2 qm Fläche (7) bietet. Ein klassischer SUV (z. B. der Porsche Cayenne) hat einen ähnlichen Flächenbedarf (9,2 qm) (8) wie ein Sharan dabei aber nur 4 Sitze. Das ist natürlich Verschwendung. Beim Flächenverbrauch pro Person/Transportraum ist das Model Y also sehr effizient.

Tesla optimiert alle seine Autos auf den CW-Wert. Das ist der Luftwiderstand pro Stirnfläche. Die Kombination von beidem, bestimmt den Verbrauch bei schneller Fahrt. Das Model Y soll den selben sehr guten CW-Wert (0,23) wie das Model 3 (6) haben. Der Sharan hat mit 0,29 einen erheblich schlechteren Wert. (9). Zusätzlich hat er eine größere Stirnfläche (Sharan: 3,3 qm zu Model Y: 3 qm). Diese Vorteile des Model Y zeigen sich am Ende im Verbrauch, der beim Model Y wahrscheinlich vergleichbar mit dem des Model 3 sein wird. Dieser wiederum gilt aktuell als effizientestes verfügbares Mittelklassefahrzeug. Das das Model Y ähnlich effizient sein wird, kann man aus der von Tesla angegebenen Reichweite des Model Y schließen. Das Gewicht spielt wegen der heutzutage sehr effizienten Rekuperation von Elektroautos eine immer kleinere Rolle. Darüber hinaus ist es Tesla gelungen bei Model Y das Gewicht durch eine erhebliche Verkürzung der elektrischen Leitungen zu senken, so dass es kaum größer sein wird als beim Model 3. 

Das Model Y mit einem SUV zu vergleichen ist aus meiner Sicht unfair. Vielmehr sollte man es mit einer Familien-Großraumlimousine vergleichen. Bei diesem Vergleich schneidet das Model Y hervorragend hinsichtlich Raumangebot, Energie- und Flächenverbrauch ab. Das Model Y richtet sich nicht an Käufer*innen, die sich aufgrund von Status für ein SUV interessieren – diese würden eher ein Model X oder S kaufen. 

Zum Preis
Das Model Y ist – wie alle Tesla-Autos – kein Auto für kleine Einkommen. Aus ökologischer Sicht ist es sinnvoll, dass Menschen beim Autokauf ökonomisch denken müssen und sich nur so viel Auto kaufen, wie sie auch wirklich brauchen. Die kleineren Tesla Alternativen von Smart, Opel (Corsa), Peugeot, VW (Up) und Skoda (Mii) gibt es bereits. Sie enthalten Technik, die von Tesla-Autos abgeguckt wurde. 

Ohne Tesla würde es diese leistungsfähigen elektrischen Kleinwagen gar nicht geben. Tesla ist darüber hinaus Technologieführer beim Thema autonomes Fahren. Diese Technologie wird zukünftig flächendeckendes Carsharing und damit eine Reduzierung der Anzahl der PKW ermöglichen. Gleichzeitig wird es dadurch auch für kleinere Einkommen erschwinglich werden, sich bei Bedarf auch große PKW mit hohen Reichweiten zu mieten. Somit wir flächendeckendes Carsharing einen Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit leisten.

Nachhaltigkeit 
Für mich immer die wichtigste Frage: Ist das Model Y nachhaltig? Aus meiner Sicht weitgehend ja – allerdings besteht noch Entwicklungsbedarf. Ein Großteil der verbauten Materialien kommt aktuell schon aus dem Recycling bzw. ist recyclingfähig (auch die Batterien). Der Energiebedarf zur Herstellung und die Antriebsenergie könnte mit vertretbarem Ausbau von Windkraft und Photovoltaik erneuerbar gedeckt werden. Größte Schwierigkeit beim Energiebedarf ist die Stahlproduktion. Ungelöst sind auch die ökologischen Probleme durch den Abrieb der Reifen (Mikroplastik). Die verbleibenden Probleme halte ich aber für lösbar. 

Verschwendung 
Letzter Punkt: Natürlich wird es Fälle geben, in denen Menschen die hohe Leistung der Tesla-Autos zum Rasen missbrauchen – was dann wieder zu steigendem Energieverbrauch/-verschwendung führt. Dem stellen wir GRÜNEN die Forderung zur Einführung eines generellen Tempolimits entgegen.

Zum Autor
Ralf Schmilewski ist Verkehrs- und E-Mobilitätsexperte. Er lebt in Erkner und fährt selbst ein E-Auto. Zu erreichen ist er unter: ralf.schmilewski.gruene@gmx.de 

Quellen
(1) https://www.spritmonitor.de/de/uebersicht/6-BMW/37-3er.html?powerunit=2 
(2) https://www.spritmonitor.de/de/uebersicht/6-BMW/42-X3.html 
(3) https://de.automobiledimension.com/modelle/bmw/serie-3-2019 
(4) https://de.automobiledimension.com/modelle/bmw/x3-2017 
(5) https://www.volker-quaschning.de/artikel/Fakten-Auto/index.php 
(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Model_Y 
(7) https://de.automobiledimension.com/modelle/volkswagen/sharan-2015 
(8) https://de.automobiledimension.com/modelle/porsche/cayenne-coupe-2019 
(9) https://www.autosieger.de/Der-neue-VW-Sharan-article20305.html

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