13. Dezember 2021

Rote Listen: Warum der Artenschutz in Deutschland so schwierig ist

Die Großtrappe ist in Brandenburg vom Aussterben bedroht. Um sie zu retten, hat sich u.a. der Verein Großtrappenschutz gegründet. 
(Foto: Администрация Волгоградской области)


Um Artenschutz zu betreiben, muss man erstmal überhaupt wissen, welche Arten bedroht sind. Dafür gibt es Rote Listen, in denen vollständige Artenlisten eines Gebietes in folgende Kategorien eingeteilt werden:

Kategorie 0: Ausgestorben oder verschollen
Kategorie 1: Vom Aussterben bedroht
Kategorie 2: Stark gefährdet
Kategorie 3: Gefährdet
Vorwarnstufe
G: gefährdet ohne Kategorie
R: extrem selten
D: Daten unzureichend
*: Ungefährdet
Nicht bewertet


Je niedriger die Zahl der Kategorie, desto höher ist die Gefährdung. Bei der Kategorie 0 ist die Art bereits ausgestorben oder verschollen. Hier muss man schauen, wann diese Arten ausgestorben/verschollen sind. Ist der Zeitpunkt nicht sehr lange her, kann sich eine Wiederansiedelung lohnen, um die Art in die Kategorie 1 aufnehmen zu können. Dies kann auch ohne menschliches Zutun passieren, wenn eine Art plötzlich wieder in einem Gebiet auftaucht (Beispiel: Wolf). Die Vorwarnstufe soll darauf hinweisen, dass eine Art bereits einen starken Artenschwund aufweist und womöglich in den nächsten Jahren in die Kategorie 3 aufgenommen werden müsste. Bei der Kategorie G ist eine Gefährdung vorhanden. Die gesammelten Daten reichen jedoch nicht aus, um die Art in eine Kategorie einzuordnen. In der Kategorie R "extrem selten", ist die Art zwar nicht gefährdet, zeigt aber eine hohe Anfälligkeit für eine Gefährdung auf, weil sie z.B. nur sehr lokal auftritt. 

Welche Arten sollen nun gerettet werden? Hier gilt die gleiche Regel, wie im Katastrophenschutz: Wer am meisten verletzt ist, wird zuerst behandelt. Das heißt, man kümmert sich ganz besonders um die Arten in der Kategorie 1, also jene Arten, die direkt vom Aussterben bedroht sind, damit eben genau das, also das Aussterben verhindert wird. 

Aber wer kümmert sich nun um den Artenschutz? 

Ehrenamtler
Teilweise sind sie in Naturschutzverbänden organisiert, um sich dort laufend selbst fortzubilden und sich Anregungen zu holen. Eine Mitgliedschaft in einem Verein ist aber nicht notwendig um Artenschützer zu werden.
Ehrenamtler haben einen besonders großen Einfluss auf den Artenschutz, weil sie direkt vor Ort praktischen Artenschutz betreiben. Da wird z.B. das eigene Kellerfenster geöffnet, um Fledermäuse eine Überwinterung zu bieten. Weil die meisten Fledermausarten bedroht sind, machen solche Projekte einen sehr großen positiven Unterschied in der Artenvielfalt. 

Umweltbehörden
Sie kümmern sich um Naturschutzgebiete, die für viele Arten letzte Rückzugsmöglichkeiten darstellen. Manche Umweltministerien kümmern sich um einzelne wenige Arten, um öffentlich sagen zu können, dass etwas für den Artenschutz getan wird. Weil die Lobby der Vogelschützer am größten ist, handelt es sich meistens um Vogelarten. Im Land Brandenburg sind das die Vogelarten Adler, Auerhuhn und Birkhuhn, für deren Artenschutz dann auch Geld in die Hand genommen wird. 

Was müssten Umweltministerien für den Artenschutz tun?
Sie müssten ihre Roten Listen regelmäßig (alle 10 Jahre) aktualisieren und kostenfrei als PDF Dateien auf ihren Webseiten zur Verfügung stellen, damit auch der letzte kleine Naturschützer sich unbürokratisch und kostenfrei darüber informieren kann, welche Arten vom Aussterben bedroht sind und was er dagegen tun kann. Das kann auch passiv sein, indem man z.B. einen bestimmten Verein unterstützt. In Roten Listen stehen grundsätzlich Handlungsempfehlungen drin, in denen ganz konkret erklärt wird, wie man eine bestimmte Art schützen kann. 
Das Bundesamt für Naturschutz lässt sich beispielsweise die Rote Liste der Pflanzen 58 Euro kosten. Das ist absurd. So wird eines der wichtigsten Bücher für den Artenschutz nur zugänglich gemacht für eine klitzekleine "Elite" an Artenschützern, die bereit sind soviel Geld für ein Buch auszugeben. 
Das Land Brandenburg schafft es lediglich die Rote Liste der Vögel alle paar Jahre zu aktualisieren, weil die Vogelschutzlobby am größten ist. Die anderen Roten Listen des Landes Brandenburg sind hingegen völlig veraltet. Auch das Land Brandenburg lässt sich die Roten Listen mit satten 10 Euro bezahlen, obwohl sie sie kostenfrei als PDF-Datei zur Verfügung stellen könnte. Nicht so bei der Roten Liste für Brutvögel, sie stehen kostenfrei als PDF-Download zur Verfügung (s. Hinweis Vogelschutzlobby). Ich habe als einzige Artenschützerin im Land Brandenburg die Rote Liste der Baumarten online zur Verfügung gestellt. So kann jeder Gartenbesitzer in Brandenburg kostenfrei und unkompliziert nachschauen, ob er nicht selbst Artenschutz betreiben möchte, indem er eine bedrohte Baumart pflanzt. 

Was müssten Umweltverbände für den Artenschutz tun?
Anstatt sich auf wenige attraktive Arten zu konzentrieren, sollten sie sich in der Politik dafür einsetzen, dass Rote Listen kostenfrei für Alle zugänglich gemacht werden. Sie könnten die Listen auch selbst öffentlich zugänglich machen, nicht im Copy/Paste-Verfahren, aber sicherlich so, wie ich es mit den Bäumen in Brandenburg gemacht habe. Regional sollten sie ihre Öffentlichkeitsarbeit und Engagement auf die Kategorie 1-Arten konzentrieren.