18. November 2020

Insektensterben im Landkreis Oder-Spree

Erdhummel an Sandthymian.
Foto: Anja Grabs

Mich erreichen immer wieder E-mails von Bürgerinnen und Bürgern aus dem Landkreis Oder-Spree, die das widerspiegeln, worum wir in unserer politischen Arbeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN streiten. Anregungen aus dem Landkreis helfen uns aktuelle Themen aufzugreifen. Gerne können Sie mir schreiben: kontakt@anja-grabs.de , wenn es um aktuelle ökologische Themen im Landkreis Oder-Spree geht, die Sie bewegen. In diesem Jahr erreichte mich unter anderem diese E-mail (mit freundlicher Genehmigung der Veröffentlichung):

Sehr geehrte Grüne Kreistagsabgeordnete,

das Insektensterben hat in diesem Jahr noch erheblich zugenommen. Viele Arten traten überhaupt nicht mehr auf.
Seit dem es keine Stilllegungsflächen mehr gibt, hat sich das Problem erheblich verschärft.
Wir benötigen unbedingt dauerhafte Stilllegungsflächen, um den Insekten die Entwicklung vom Ei bis zum fertigen Insekt zu ermöglichen.
Die Blühstreifen neben mehrmals gespritzten Mais, Raps oder Getreidefeldern finde ich absolut falsch, das schadet den Insekten mehr als das es ihnen hilft.
Des weiteren wird die Klimaerwärmung katastrophale Ausmaße annehmen. In meinem Wohnort in Kolpin ist der Grundwasserspiegel in den letzten 30 Jahren von 5 Metern auf 24 Meter gesunken. Unsere beiden Seen haben 1,80 Meter Wasserhöhe verloren. Der Kleine Kolpiner See ist so gut wie ausgetrocknet, der Große Kolpiner See
wird in ca. 3 Jahren leer sein. Am Kleinen See wurde erst vor ein paar Jahren eine Amphibienleiteinrichtung gebaut, umsonst.
Am Großen Kolpiner See befinden sich zwei Campingplätze, für den einen Campingplatz wurde erst in diesem Jahr eine 1500 Meter lange Straße asphaltiert.
Wenn der See leer ist, wird dort niemand mehr seinen Urlaub verbringen wollen und die Straße wurde umsonst gebaut. Abgesehen von dem wirtschaftlichen Schaden ist es eine ökologische Katastrophe und das wird mit allen Brandenburger Seen passieren, die keinen Wasserzulauf haben.
Jeder Tropfen Wasser muss unbedingt hier bleiben. Warum wird z.B. das geklärte Abwasser vom Storkower oder Fürstenwalder Abwasserwerk in die Spree geleitet und darf nicht hier versickern um unseren Grundwasserspiegel anzuheben und damit unserer Flora und Fauna zu helfen. Das Umweltamt erklärte mir, das dass eine Vorschrift der EU ist.
Das Fürstenwalder Abwasser wird in die renaturierte Müggelspree geleitet, das ist ein FFH Gebiet, das ist für mich völlig widersprüchlich, denn vor allem Medikamente  und zu hohe Nährstoffeinträge wirken sich negativ auf die Tier und Planzenwelt aus. Der Schaden an unseren Wäldern durch die anhaltende Trockenheit wird sich wohl nicht aufhalten lassen, der Waldumbau kommt viel zu spät und wird durch die Trockenheit wohl kaum gelingen.
Ich hoffe, das Sie durch ihre Arbeit dazu beitragen können, unsere Ämter und Gemeinden zu einem bewussteren Umgang mit ihren Flächen zu verhelfen.
Wann kommt endlich der Waldumbau, Frau Ministerin Klöckner hatte Millionen Euro versprochen ?

- wo es nur geht, das Wasser zurückhalten
- öffentliche Grünflächen extensiv bewirtschaften, nur zwei Mal in Jahr mähen und nicht düngen
- Aufklärungsarbeit für private Gärten um zubetonierte und völlig unökologische Gartengestaltungen zu vermeiden
- ökologischen Landbau fördern
- Stilllegungsflächen, Feldreine und Kleinstgewässer fördern

Mit freundlichen Grüßen

H. Ch.

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5. November 2020

Landkreis Oder-Spree startet echte Energiewende und hebt sie fünf Jahre später wieder auf

Vorbild Chicago: Gründach auf dessen Rathaus.                                                       (Foto: TonyTheTiger)


Im Jahr 2015:
Der Landkreis Oder-Spree muss jedes seiner kreiseigenen neu zu bauenden Gebäude mit Photovoltaik und bei Bedarf Solarthermie ausstatten, wenn die Wirtschaftlichkeitsberechnung dafür positiv ausfällt. Ist dies nicht der Fall, kommt ein Gründach zum Einsatz, so dass alle neuen Dachflächen im Sinne der Energiewende sinnvoll und ökonomisch genutzt werden.

Dies wurde im Kreistag im Dezember 2015 aufgrund eines Antrages von Anja Grabs (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen & Piraten) beschlossen und das erste davon betroffene Gebäude befindet sich derzeit in der Beratungsfolge des Kreistages: Der Neubau eines Verwaltungsgebäudes für das KWU Entsorgung in Fürstenwalde kommt am 6. April als Baubeschlussvorlage in den Kreistag und wurde bereits in der Planung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für Photovoltaik unterzogen, die positiv ausfiel. Die Kosten dafür von 15.000 Euro werden sich nach 13 Jahren amortisieren, so dass ab diesem Zeitpunkt Stromkosten in erheblicher Höhe eingespart werden können.

Etwas Kritik kam dennoch von der bündnisgrünen Abgeordneten Anja Grabs im Bauausschuss, die den Energiewendeantrag im Dezember initiiert hatte. „Das KWU Gebäude hat zwei Dachflächen, wovon die voll besonnte die Photovoltaikanlage erhält. Die zweite Dachfläche liegt im Schatten, so dass sie mit einem Gründach hätte ausgestattet werden können. Diese Möglichkeit hatte die Verwaltung zwar besprochen, sich dennoch dagegen entschieden, weil sie sich bei diesem Neubau auf die Photovoltaik konzentrieren möchte. Da es sich um ein Gebäude handelt und nicht um zwei, widerspricht das Amt dem damaligen Beschluss zwar nicht, hätte sich dennoch freiwillig für ein Gründach auf dem zweiten Dach entscheiden können. Bis Gründächer zur Normalität werden und die Stadtbilder und das Klima für jeden verbessern, dauert es eben noch seine Zeit.“, so Grabs.

Update von Anja Grabs 2020:
Am 7. Oktober 2020 hat der Kreistag gegen meine Empfehlung mehrheitlich beschlossen, den o.g. Beschluss zu streichen, um zukünftig Gebäude nach der BNB Bewertungsmethode im Silber-Standard zu bauen. Ich wies darauf hin, dass sich diese beiden Beschlüsse nicht behindern, sondern vielmehr ergänzen. Bei der BNB Bewertungsmethode werden Gebäude zu lediglich 22,5 % ökologisch gebaut. Es wird sich zeigen, ob dies ausreicht, um sie mit 100 % erneuerbaren Energien zu versorgen und ob durch Gründächer oder Fassadenbegrünung an den Klimaschutz gedacht wird. Das Bauen von Gründächern ist seitens der Verwaltung mit der Aussage: "Wir können nicht auf Teufel komm raus Gründächer bauen!" nicht gewollt - sie empfahl unseren Beschluss aufzuheben.

Die Frechheit der Bäume (Glosse up for grabs)

Autumn at IU
Auch Straßenbäume und Bäume in Parks benötigen ihr eigenes Laub als Langzeitdünger.
(Foto: StevenW.)


Im Herbst besitzen Bäume die unglaubliche Frechheit ihre Blätter abzuwerfen und die Menschen damit unnötig zu schikanieren, die sich nun genötigt fühlen nichts, aber auch gar nichts, zu unterlassen, um den Feind „das Laub“ zu beseitigen.

Denn das Statussymbol Garten erlebt nun seinen zweiten Höhepunkt im Jahr. Nachdem der englische Rasen auf deutschem Boden täglich gemäht wurde und jedes Kleeblatt, selbst wenn es vierblättrig war, per Pinzette entfernt und missmutig zerstört wurde, muss nach dem Feind „das Unkraut“ nun das Laub beseitigt werden. Je kleiner der Garten, desto größer erscheint jedes unerwünschte Laubblatt.

Es werden keine Kosten und Mühen gescheut, um nun Laubsäcke aus Plastik zu besorgen. Eine Urlaubswoche in den Herbst verlegt hilft den Gärtner nun, seine Arbeitswoche einzutauschen in eine Woche mit mindestens 50 Arbeitsstunden der Laubentsorgung. Die Gemeinden sind überfordert mit der Bestellung der Plastiklaubsäcke, denn wieviel Laub die Bäume jedes Jahr abwerfen und wieviele Säcke von den Bürgern abgeholt werden, ist nicht planbar. Und wie man Nachfrage im voraus plant, haben die Ostdeutschen mittlerweile verlernt (oder noch nie beherrscht). Bestellt die Gemeinde also Laubsäcke entweder zu spät oder gar nicht oder gehen ihr die Plastiklaubsäcke aus, ist das Drama bei den Bürgern vorprogrammiert. Bis in den ganzen Winter hinein wird sich nun aus den Gästereihen der Gemeindevertretersitzungen über die Laubsäcke aufgeregt. Und wann werden die vollen Säcke eigentlich abgeholt? Das sind alles Fragen, die immer wieder gestellt werden und somit zu den beliebten Dauerbrennern gehören.

Im demografischen Wandel passiert es immer wieder, dass der erfolgreiche Mittelstand aufs Land zieht, um seiner Karriere einen grünen Feierabend bieten zu können. Es kommt immer wieder vor, dass der neue Grundstücksbesitzer und Gartenneuling selbst jahrhundertealte Baumriesen illegal fällen lässt. Die Angst vor der Laub-Wildnis kann lähmend sein. Auf die Entsorgung von Laub hat Niemand Lust.

Aber Halt! Muss man denn Laub überhaupt entsorgen?

Seit über fünf Jahrzehnten versucht der Mensch die Natur zu beherrschen. Er bietet ihr die Stirn indem er alle natürlichen Abläufe unterbindet. Begleitet wird diese Unnatürlichkeit mit einer großen Angst vor Wildnis. Denn wenn das Laub in der Natur liegen bleibt, was passiert dann eigentlich? Die Folgen möchte man sich gar nicht erst ausmalen. Dafür hat man sich aber viele Erklärungen ausgedacht. Zum Beispiel dass es bestimmte Laubarten gibt „die nie verrotten.“ Den Satz „Laub vom Baum XY verrottet nie.“, habe ich schon sehr oft gehört. Dabei kann ich jedem Gärtner versichern, dass alle Laubarten verrotten. Es ist nur eine Frage der Zeit. Es kann ganz sicher ausgesagt werden, dass jedes Laub früher oder später verrottet. Zeit jedoch ist ein Luxus, den der Gärtner der Natur nicht einräumen will, deshalb besorgt er sich auch Schnellkompost und schnell wachsende Bäume.

Liebe Gärtner, fahren Sie im Herbst in den Urlaub! Lassen Sie das Laub liegen! Bäume und Sträucher brauchen es als Langzeitdünger! Laub zu beseitigen, um es dann mit gekauftem Rindenmulch zu ersetzen ist eine kostspielige Absurdität! Bäume können nur dann ihr Höchstalter erreichen, wenn ihr eigenes Laub an Ort und Stelle liegen bleibt! Seien Sie mutig, bieten Sie nicht der Natur die Stirn sondern leben Sie mit ihr und beobachten Sie den Kreislauf. Laub bietet Igeln und Insekten eine Möglichkeit der Überwinterung. Es stellt einen eigenen Lebensraum dar, der Nahrung für zahlreiche Mikroorganismen darstellt. Diese wandeln ihn in Humus um: Ein nährstoffreicher Bestandteil des Mutterbodens, der im Garten allseits beliebt ist. Wenn Ihre Angst vor bösen Nachbarsblicken dennoch überwiegt (denn die Angst als „fauler Gärtner“ abgestempelt zu werden, kann Einem schlaflose Nächte bereiten), dann greifen Sie trotzdem nicht zu Laubsäcken sondern verfrachten Sie das Laub unter die Hecke, wo es nun in Ruhe verrotten kann. Oder legen Sie einen Laubhaufen an (Besuch vom Igel nicht ausgeschlossen). Oder fügen Sie das Laub ihrem Kompost hinzu. Denken Sie daran: Früher oder später wird es verrotten. Geben Sie der Natur Zeit! Und geben Sie vor allem sich selbst im Herbst eine Auszeit!

Glosse up for what?